Gerhard-Rießbeck - ein Film von Axel Mölkner-Kappl.

Kunstpreis

Das Paradies - eine gefrorene Dramatik

Für seine Arbeiten und temporären "Einstellungen" in der kirchlichen Kulturarbeit erhielt Gerhard Rießbeck am 18. Oktober den mit 5000 Euro dotierten Kunstpreis der bayerischen Landeskirche.

Gerhard Rießbeck ist der Preisträger des Kunstpreises 2019 der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Ausgezeichnet wurde Rießbeck für seine Kunst, die sich als dialogfähig im religiösen Kontext erweist und innovativ Ausdruck findet. Gerade seine Arbeiten wie das Deckenbild zur Kreuzigung Jesu in der Christuskirche Ebern oder das Altarbild „Paradies“ in der Spitalkirche Bad Windsheim bieten Potential für einen engeren Austausch zwischen Kirche und Kunst.

Beide, Kunst und Kirche, müssen gesellschafts- und individualitätskritisch daran erinnern, dass die vorfindliche Wirklichkeit kein unüberwindliches geschlossenes System darstellt. Beide sind aufgerufen, zur Vorstellung des Gegenteils zu ermuntern, wo das Gelingen irdisch-menschlichen Lebens gefährdet ist.

Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler in ihrer Laudatio zur Kunstpreisverleihung 2019

Wenn Kirche mit Kunst und mit Kulturschaffenden arbeiten wolle, solle es immer um die Entwicklung integrativer Konzepte gehen, so der Kunstreferent der Landeskirche, Helmut Braun. „Künstlerische Qualität entsteht, wenn Bezüge sichtbar werden – zum Raum und zu dem, was in ihm stattfindet." Gerhard Rießbecks Arbeiten tun dies nach Meinung der Fachjury: "Sie machen etwas sichtbar, was nicht sagbar ist", erläutert Braun. "Sie lassen Interpretationsmöglichkeiten zu, bieten einen sinnlichen Zugang und eröffnen Erfahrungsräume. Sie bieten Potential für einen engeren Austausch zwischen Kirche und Kunst und für eine fruchtvolle Kooperation, die gerade auch im kritischen Dialog besteht.“

Das 7. Landeskirchliche Kunstsymposium 2015 unter dem Titel „Sakralität und Landschaft“ war Anlass für Rießbeck, ein neues, zeitlich begrenzt einzusetzendes Altarbild für die Spitalkirche in Bad Windsheim zu malen. Es wurde anstelle des historischen Altarblatts eingebaut. „Paradies“ nennt Gerhard Rießbeck das Gemälde eines Eisbergs.

Breit-Keßler: "Das Paradies. Klar, kühl, faszinosum et tremendum, offen für Deutungen und damit für Leben."

Bild: Gerhard Riessbeck

Ausschnitt des Altarbilds Paradies in der Spitalkirche Bad Windsheim 2015

„Paradies – was läge näher, als an Paradise Lost zu denken, an schmelzende Gletscher, heimatlose Eisbären und zunehmende Wärme, weniger menschlich, denn klimatisch. Aber das wäre in meinen Augen zu billig, viel zu wenig“, leitete Laudatorin Susanne Breit-Keßler am vergangenen Freitag bei der Kunstpreisverleihung der bayerischen Landeskirche ihre Würdigung ein. „Die Schönheit Ihres Bildes ist mehr als Plakat. Sie ist Sehnsucht wie in der Bibel.“  Gerade Leere habe Potenzial: „Ihr Paradies ist vor dem Hintergrund alltäglicher Verpflichtungen und vor allem weit verbreiteter moralischer Appelle ein wunderbar außergewöhnlich-unerwarteter Bereich geistvoller Funktionslosigkeit“, so Breit-Keßler. „Funktionslosigkeit, die Betrachtende mit ihren Eindrücken, Assoziationen und Gedanken füllen können.“

„Klar, kühl, faszinosum et tremendum, offen für Deutungen und damit für Leben. Klarheit ist es, die vermittelt werden möchte, gepaart mit Sinn für das Imaginäre, Mystische, das dem Leben seine Geheimnisse und Schönheiten, seine zarten und großen Wunder belässt.“ Kunst und Kirche müssten unmissverständlich klarmachen, so die Laudatorin, dass sie auf der Seite des verletzlichen und bedrohten Lebens stehen. Die Leidenschaft für Leben, für das Paradies, zeitweilig und ewig, verbinde beide.

Kunstpreis 2019

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Der Preisträger Gerhard Rießbeck

Gerhard Riessbeck wurde 1964 in Lichtenfels in Oberfranken geboren. Er studierte Theologie in Erlangen und widmete sich dann dem Studium der Freien Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg.

22.10.2019
ELKB

Im Nordsommer 2001 begleitete Rießbeck als Expeditionsmaler auf dem Schiff Polarstern eine Arktisexpedition des Alfred-Wegener-Instituts. Im Südsommer 2005 wiederholte er die Expeditionsmalerei auf einer Antarktisexpedition ins Weddellmeer. Viele Landschaftsszenen Rießbecks spiegeln die Begeisterung für Eis und Schnee wider.

Gerhard Rießbeck hat schon einmal auf seine besondere Liebe zu Altarbildern hingewiesen: "Schon in einer meiner ersten Ausstellungen, Ende der 1990er Jahre, habe ich gesagt: Im Grunde genommen
wäre ich wohl am liebsten ein Maler von Altarbildern. Das war natürlich nicht ganz ernst gemeint. Bei einem Altarbild in einer Kirche ist alles auf dieses Bild konzentriert. Es ist nicht irgendein Wandschmuck. Es bringt ein Thema so auf den Punkt, dass der Raum nicht mehr funktioniert ohne dieses Bild. Alles kulminiert in diesem Bild, was man sieht, denkt und fühlt. Das ist das Optimum, was ein Bild leisten kann."

Der Kunstpreis der bayerischen Landeskirche

Der Kunstpreis wurde 1980 vom Landeskirchenrat eingerichtet. Der Preis möchte würdigen, wo Kunst sich als dialogfähig im religiösen Kontext erweist und innovativ Ausdruck findet. Thematisch soll der Preis möglichst breit gefasst bleiben. Der Kunstpreis kann in den Disziplinen Malerei und Graphik, Bildhauerei, Gold- und Silberschmiedekunst, Glasmalerei und Textilgestaltung vergeben werden, ist aber grundsätzlich offen für alle Sparten künstlerischen Schaffens. Der Kunstpreis wird in der Regel alle zwei bis drei Jahre vergeben. Bisherige Preisträger waren Hubert Distler (1980), Karlheinz Hoffmann und Werner Knaupp (beide 1983), Rudolf Büder (1995), Werner Mally (1999), Klaus von Gaffron (2003), Meide Büdel und Herbert Falken (beide 2008), Gerhard Mayer (2011) und das Künstlerpaar Lutzenberger + Lutzenberger (2014).

 

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